Zum Tag der Wohnungslosigkeit: Die stille Not der Obdachlosigkeit

Ein warmes Essen, eine Dusche, aber auch Hilfe oder ein Bett zum Übernachten: Die Diakonie Wuppertal unterstützt Obdachlose und Wohnungslose mit acht Angeboten und stellt sich im Kampf ums tägliche Überleben an ihre Seite.

Schlüsselkasten im Hopster-Fiala-Haus

Manchmal ist es das Wetter, das die Menschen ohne Obdach in Wuppertal in das ehemalige Gemeindehaus Ludwigstraße führt. Dann ist es draußen kalt, nass oder heiß. Ein anderes Mal ist es ein warmes Essen oder der Wunsch, gesehen und angesprochen zu werden. Im Tagesaufenthalt der Diakonie Wuppertal finden Sie dann offene Türen – an 365 Tagen im Jahr. Es gibt Beratungsangebote, die auf ihre Situation zugeschnitten sind. Auch Duschen, Waschmaschinen und Platz zum Lesen oder Atemholen werden hier angeboten. 600 Wohnungslose ohne eigenes Mietverhältnis haben hier inzwischen ihre Posterreichbarkeitsadresse eingerichtet.

Der Tagesaufenthalt im ehemaligen Gemeindehaus Ludwigstraße ist ein Baustein im Programm der „Diakonie Wuppertal – Soziale Teilhabe“, um die Menschen ohne Obdach in der Stadt in ihrem Alltag zu unterstützen. „Hinter jedem obdachlosen Menschen steht eine Geschichte. Und hinter jeder Geschichte: ein Mensch“, erinnert Marion Grünhage, Geschäftsführerin der „Diakonie Wuppertal – Soziale Teilhabe“. Etwa 100 Menschen leben in Wuppertal ausschließlich auf der Straße, 1000 Betroffene haben keine eigene Wohnung. Die Zahlen sind in den vergangenen zehn Jahren drastisch angestiegen. So haben 2014 etwa zehn Personen ausschließlich auf der Straße gelebt. 

Nicht eine bestimmte Gruppe sei von Obdachlosigkeit betroffen, erklärt Marion Grünhage. Junge und alte Menschen, Alleinstehende und sogar Familien kommen in die Situation, kein Zuhause mehr zu haben. Die Gründe sind vielfältig: Jobverlust, Trennung, körperliche und oft auch psychische Erkrankungen, Schulden, Sucht oder auch der Mangel an bezahlbarem Wohnraum oder ein Brandereignis. „Oft kommen mehrere Faktoren zusammen“, sagt Marion Grünhage.

 

Menschen in Obdachlosigkeit fehlt dann deutlich mehr als ein Dach über dem Kopf: Sie verlieren ihr Sicherheitsgefühl, ihr Zuhause, häufig auch ihre Krankenversicherung und ihre gesellschaftliche Zugehörigkeit. Auch der Zugang zu Leistungen, zu Ärzten oder Medikamenten ist dann nur noch mit Hilfe von Straßensozialarbeit oder Beratungsstellen möglich.

 

Deswegen stellt sich die Diakonie Wuppertal seit 1960 an die Seite der Menschen in Obdachlosigkeit:

  • Im Diakoniezentrum Friedrich-von-Bodelschwingh leben insgesamt 77 erwachsene Männer. Manche bleiben bis zu ihrem Lebensende, andere für eine Zeit der Stabilisierung. Sie werden durch Mitarbeitende der Sozialarbeit begleitet.
  • Die Zentrale Beratungsstelle für obdach- und wohnungslose Menschen ist seit 1985 eine Anlaufstelle für Wuppertaler in Not. Dort arbeitet die Diakonie auch aufsuchend. Die Beratungsstelle ist wie der Tagesaufenthalt an der Ludwigstraße angesiedelt.
  • Betroffene Frauen werden in der Deweerthstraße beraten und unterstützt – in unmittelbarer Nähe zur Notübernachtungsstelle für Frauen im Hopster-Fiala-Haus. Hier hält die Diakonie Wuppertal seit 2000 21 Plätze – überwiegend in Einzelzimmern – für Frauen in Obdachlosigkeit vor. Rund 180 Frauen haben hier zusätzlich eine Posterreichbarkeitsadresse eingerichtet.
  • Die Diakonie Wuppertal bietet außerdem eine Wohnraumvermittlung an. Dem Diakonie-Team gelang es in diesem Jahr bereits mehrfach, Menschen in Wohnraum zu vermitteln – bis Juni wurden 53 Mietverträge geschlossen.
  • Unterstützung in der Alltagsbewältigung im Wohnraum bieten die Mitarbeitenden seit 1997 im Ambulant Betreuten Wohnen an. Um einen erneuten Wohnraumverlust zu verhindern, leistet die Diakonie Unterstützung. Aktuell werden 60 Klienten und Klientinnen ambulant begleitet.
  • Wer plötzlich von Wohnraumverlust betroffen ist, kann sich ebenfalls an die Diakonie Wuppertal wenden: Häufig sind Familien nach einem Brandereignis oder Bauschäden von einem auf den anderen Tag wohnungslos. Sie können Begleitung und Betreuung nach ihrem plötzlichen Wohnraumverlust bekommen – und ein vorübergehendes Dach über dem Kopf. Aktuell begleitet die Diakonie sechs Familien mit 22 Kindern.
  • Im Tagesaufenthalt im ehemaligen Gemeindehaus Ludwigstraße können sich Betroffene tagsüber aufhalten, erhalten Ansprache und Beratung und können ganz praktische Herausforderungen lösen – von einer Mahlzeit, über Duschen und Möglichkeiten zur Wäsche der Kleidung.
<  Artikelübersicht

Fotos:

DIE STIMME DER SOZIALDEZERNENTIN DER STADT WUPPERTAL

"Ich bedanke mich bei der Diakonie – Soziale Teilhabe, dass sie anlässlich des bundesweiten Tages der wohnungslosen Menschen auf deren besondere Situation aufmerksam machen“, sagt Annette Berg, Dezernentin für Soziales, Jugend, Schule und Integration bei der Stadt Wuppertal. „Wohnungslosigkeit ist eine extreme Form der Armut und sozialer Ausgrenzung. Dem müssen wir mit geeigneten Maßnahmen entgegentreten“. Die Stadt Wuppertal kümmert sich in der Fachstelle für Wohnung in unterschiedlichen Unterkünften und Wohnungen um rund 800 wohnungslose Männer, 50 Frauen und etwa 100 Personen im Familienverbund. Die Zahl steige stetig besorgniserregend. „Wir sind immer neu in Verhandlungen, um neue Unterbringungen zu schaffen“, erklärt die Dezernentin. Aber auch die Beratung für Menschen, bei denen der Wohnungsverlust drohe, sei in den vergangenen Jahren ausgebaut worden. Wuppertal gehört zu den wenigen Städte, die eine Übernachtungsstelle allein für Frauen vorhält. Bei der Stadt gibt es eine Sozialplanungsstelle, die alle Aktivitäten bündelt und neue Angebote auf den Weg bringt. „Mein Dank richtet sich auch an die Wuppertaler Politik, der das Thema Wohnungslosigkeit sehr wichtig ist“, erklärt die Dezernentin. 

 

Text 
Theresa Demski

Fotos 
Sabine Damaschke (Hopster-Fiala-Haus, Betreutes Wohnen), Diakonie Wuppertal (Gebäude Ludwigstraße)

Ansprechpartnerin für Rückfragen
Marion Grünhage
Geschäftsführerin Diakonie Wuppertal - Soziale Teilhabe gGmbH
mgruenhage@diakonie-wuppertal.de
(0202) 97 444 1411